Kurzgeschichte 4:29

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Ein Nebelmeer liegt knapp über dem Feld, durch das ich meinen Weg bahne. Es liegt der Geruch von Tau in der Luft und es ist noch sehr kühl, dafür, dass heute so ein warmer Tag werden soll. Ich bin dick eingepackt. Eine warme Jacke, dünne Handschuhe und eine Mütze schützen mich davor an diesem märchenhaften Morgen auf diesem Feld zu erfrieren.

Also wandere ich weiter auf dem Feldweg entlang. Mein Ziel? Scheinbar der Berg, welcher vor mir emporragt und auf den der Weg zielstrebig hinzuführen scheint.

Wenn man den Aufstieg rechtzeitig gemeistert hat, dann wird man von einem noch intensiveren Erlebnis begrüßt und schaut von oben auf ein großes Nebelmeer hinab, aus dessen Oberfläche hier und da weitere Felsen schauen.

Nach einiger Zeit endet der Feldweg und mündet in einen kleinen Trampelpfad, der durch einen tiefen dunklen Nadelwald am Fuß des Bergs führt. Ich höre wie ein Specht sich an einem Baum zu schaffen macht und ein kräftiges rhythmisches Klopfen erzeugt.

Alles scheint hier in einem mystisch schönem Einklang zu sein, so als wäre nie etwas passiert.

Seitlich am Trampelpfad liegen unzählige mooseingekleidete Brocken, die wohl vor tausenden von Jahren ihre Unabhängigkeit vom Berg feierten und hier seit dem in Stille liegen.

Da ich sehe, dass langsam die morgendliche Dämmerung einsetzt beeile ich mich ein wenig, denn der Nebel verdampft in den dunkelroten warmen Sonnenstrahlen, die uns an diesem Sommertag begleiten werden.

In mir findet sich ein Gefühl von tiefer Entspannung und Ausgeglichenheit, da schrillt es mir in mein Ohr und ich wache auf.

Automatisch langt meine Hand auf den Snooze-Knopf, denn es ist 4:30 Uhr.

Ich lasse mich schnell wieder zurückfallen, in der Hoffnung wieder in meinen vorherigen Traum gleiten zu können - leider vergebens.

Ein paar Sekunden braucht es und ich sitze diesmal an einem See. Um mich herum sitzen Freunde, Freunde die wie Familie für mich sind. Ich erkenne, dass wir an einem Strand sind und es bereits Abends ist. Im Hintergrund ist noch das Rot des Sonnenuntergangs zu erkennen. In der Luft liegt jedoch noch die wärme des Tages und außerdem ist vor mir ein wohlig warmes Lagerfeuer, dessen Ambiente die Gruppendynamik zu stärken scheint. Und wieder fühle ich mich einfach am richtigen Ort zur richtigen Zeit. Ich fühle mich wahrlich im Moment und schon werde ich wieder herausgerissen.

Urplötzlich und ohne jegliche Vorwarnung verpufft der Traum mitsamt seiner beruhigenden Stimmung. Ein bisschen verärgert ziele ich wieder mit absoluter Treffsicherheit auf den Snooze-Knopf, um meinen Schlaf um eine Minute zu verlängern.

Mir wird bewusst, dass ich wieder unnötigerweise meinen Schlaf verlängere und es sicherlich sinnvoller wäre jetzt aufzustehen und meinen Wecker auszuschalten. Doch es ist 4:31, also lasse ich mich wieder zurückfallen und in Bruchteilen einer Sekunde bietet mir sich eine neue Kulisse.

Diesmal sitze ich in einem düsteren Raum mit hellen Eichenmöbeln an einem runden Tisch. Jedenfalls ist das nicht mein Zimmer, ich fühle mich nicht willkommen und mir schaudert es über mein Rücken. Auf dem Tisch liegt ein ledernes Heft und daneben befindet sich ein uralter Tintenfüller. Also klappe ich nach einiger Zeit des Umschauens und Betrachtens das Heft auf und lese was drinnen steht. Mich stört in dem Moment nicht wirklich, dass eigentlich alles verschwommen ist und wirklich den Sinn des Textes kann ich auch nicht deuten. Gerade als ich ansetzen möchte die Schrift um sinnvolle Zeichen zu ergänzen falle ich wieder aus allen Wolken.

Schon wieder eine Minute vergangen und diesmal werde ich gefühlt mehr wachgerüttelt als die zwei Male vorher. Sofort vergesse ich was ich eben noch geträumt habe und warum ich denn so neugierig war was in diesem Heft drinnen steht. Keine Möglichkeit mehr für mich, um zurückzugehen.

Auch dieses Mal geht meine Hand reflexartig zum Snooze-Knopf um dieses laute Schallen zu unterdrücken, damit ich wieder in meinen wohligen Schlaf zurückfallen kann. Doch ich habe mich wohl selbst ausgetrickst. Anstelle meines geliebten Snooze-Knopfes befindet sich nun gar nichts mehr. Der Knopf ist einfach verschwunden.

Der Wecker dröhnt also und ich verstehe nun auch, dass es bereits 4:33 ist und ich mich wohl an einmal Snooze-Drücken nicht erinnern kann.

Also richte ich mich auf und greife zu meinem Wasserkrug, den ich sorgfältiger Weise am Vorabend direkt neben meinem Wecker platziert habe, der indes immer noch durch mein Zimmer schallt und mich letztendlich komplett aus meinem Bett befördert.

In zügigen Schritten trotte ich zum Badezimmer und drücke dabei den Lautsprecher des lärmenden Geräts an mich, damit ich nicht das komplette Haus wecke. Im Bad kann ich dann endlich den Wecker ausschalten, indem ich mit diesem mein Duschgel scanne.

Ja, ich weiß, dass ist wirklich aufwendig und ich muss dazu wirklich aufstehen, aber an manchen Tagen ist das wohl die einzige Möglichkeit nicht wieder in eine neue Traumkulisse zu fallen und mich noch einmal umzudrehen.

Ich gucke auf die Uhr, es ist 4:35 und da ich eh bereits im Badezimmer stehe und mein Duschgel in der Hand halte löst es in mir glücklicherweise den Wiederstand mit dem Tag zu starten.

Das Wasser der Dusche drehe ich auf die niedrigste Temperatur, es ist wahrhaftig kälter als irgendein Urstromtalwasser, welches quellfrisch durch meine Träume fließt. Ich zögere für einen Augenblick und schaue betreten auf die Wassertropfen, wie sie in Strängen auf den Boden der Dusche fallen und in einem schwarzen Loch verschwinden. Für den Moment möchte ich wieder zurück, in mein warmes kuscheliges Bett und einfach wieder in eine andere Welt, dessen Weltordnung meines Empfindens nach im Gleichgewicht ist.

Nach ein paar Sekunden hat sich das Zögern dann auch und mit voller Halbentschlossenheit trete ich unter die eiskalten Stränge. Ich fühle wie sich in mir sofort alles zusammenzieht. Ich reiße meine Augen auf und gucke in den Spiegel vor mir, alles ist noch verschwommen und meine Augen haben sich noch nicht an das grelle Licht des Bads gewöhnt.

Ich merke sofort wie mein Puls hochschnellt und sich fast verdoppelt hat. Für einen kleinen Zeitraum stehe ich also da. Komplett entblößt, absolut geschwächt und betäubt von der Kälte. Es ist genau dieser Moment an meinem morgen an dem ich wirklich wach werde. Einige Sekunden vergehen und mein Körper fährt vollends hoch. Meine Sicht normalisiert sich und innerlich breitet sich eine wohlige Wärme aus, obwohl ich gerade unter einem Schauer an kalten Wasser stehe.

Nachdem ich mich abgeduscht habe trete ich aus der Dusche und reiße das Fenster auf.

Die Morgendämmerung hat bereits eingesetzt und die Wolken am sonst noch dunklen blauen Himmel sind in einen rosa Hauch gekleidet. Draußen ist es kalt, ich gucke ins Grüne und höre zum ersten Mal an diesem morgen wie die Vögel zwitschern.

Es fühlt sich gut und richtig einen weiteren Morgen auf dieser Erde zu sein und so begrüßt zu werden.

Noch vor 3 Monaten konnte ich mir bei bestem Willen nicht vorstellen, dass ich vom notorischen Langschläfer zum aktiven und erfreuten Frühaufsteher werden kann. Es schien mir einfach absolut unrealistisch und aus spaß habe ich immer gesagt, dass ich das niemals könnte.

Und siehe da, seit nun fast 3 Monaten stehe ich fast jeden Morgen um diese Uhrzeit auf. Es fühlt sich befreiend an, nicht, wie ich es sonst gepflegt hatte, um diese Uhrzeit schlafen zu gehen, sondern hellwach und mit Elan den Tag starten zu können.

Seit 3 Monaten gehe ich fast jeden Morgen in mein Bad, um meinen Wecker auszuschalten und den wichtigsten Moment des morgens auszulösen, das Aufwachen.

Ich hoffe dir hat diese kleine Erzählung meiner ersten 15 Minuten des Tages gefallen.


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Maximilian Jendrall

Maximilian Jendrall

Max Admin
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Written by Max on June 3, 2020

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